Als wir Ende Juli 2022 sehr überraschend unseren damals 11 Jahre alten Parson-Russell-Terrier gehen las-sen mussten, war die Leere riesig. Wir waren durch Dick und Dünn gegangen, er hatte uns auf Bergtouren und Trekkings begleitet und wurde von mir auf Treibjagden mitgeführt. Wir beschlossen, erst einmal keinen Hund mehr zu wollen und etwas unabhängiger zu sein. Aber nach einigen Monaten merkte ich, dass ich nicht ohne Hund leben kann. Wie heisst es doch: Ein Leben ohne Hund ist möglich, aber sinnlos… Da ich selber viel Energie habe, aktiv bin und Hunde mag, die «lesen und schreiben» können und den Schalk im Nacken haben (und ich sehr gerne mit ihnen arbeite), sollte es wieder ein Terrier sein. Robust, unermüdlich, immer für Abenteuer zu haben. Aber würde ich einen Hund bekommen, wenn er an ein bis zwei Tagen pro Woche in einer Hundepension verbringen müsste?
Im Netz fand ich Ungo. Er hatte einen wunderschönen Terrierkopf, wurde als aktiv, anhänglich, verschmust, Charmeur und Clown beschrieben und dass er gern mit der Nase arbeiten würde. Auf den Fotos hatte er jenen Schalk in den Augen, den ich bei einem Hund so liebe. Genau das, wonach ich suchte! Also bewarb ich mich – und war glücklich zu erfahren, dass die Hundepension sogar eine Bedingung für die Abgabe war, denn Ungo ist sehr sozial und braucht die Gesellschaft anderer Hunde. Ich werde nie vergessen, wie es war, als ich ihn zum ersten Mal auf der Pflegestelle besuchte. Ich stieg aus dem Auto, mein Autoschlüssel fiel auf den Boden. Ich bückte mich und hob ihn auf. Ich knie noch, als ich mich umdrehe – und da ist dieser kleine, etwas verhutzelte Terriermischling, der geduckt, aber neugierig zu mir kommt und sich anlocken lässt. Ich wusste sofort, das ist mein Hund. Nach einem Spaziergang, währenddem sich Ungo gern auf Spielchen mit mir einliess, wurde ich gewarnt, dass da ein Deutscher Jagdterrier drinstecken würde und er aus diesem Grund noch nicht vermittelt worden war. Dabei befand er sich schon seit einigen Monaten in der Schweiz, aber hildfemtier.ch wollte ihn nicht in unkundige Hände geben. Aber Ungos Rassemix schreckte mich nicht, schliesslich war ich bereits terrier- und jagderfahren und suchte genau einen solchen Hund. Wie glücklich war ich, als ich nach einigen Tagen die Zusage bekam!



Nach der ersten Zeit der Eingewöhnung entwickelte sich Ungo zu einem sehr angenehmen Begleiter. Auf-merksam draussen, im Haus sehr ruhig. In einer auf Jagdhunde in Hand von Nichtjägern spezialisierten Hundeschule bekamen wir unsere Grundausbildung. Und ich durfte Ungo vieles zeigen! Zum Beispiel, wie er sich in Steilgelände verhält, wenn ich klettere. Dass er keine Angst haben muss, wenn wir über eine Brücke gehen und dass Aussichtstürme ungefährlich sind. Dass er Traktoren nicht anzubellen braucht. Dass er so richtig Gas geben kann, wenn er neben dem Velo herrennt. Dass es sich auf einem Schiff angenehm mitfah-ren lässt und dass man vom Sessellift aus eine Menge sehen kann. Ich habe ihm Schwimmen beigebracht – inzwischen ist er eine veritable Wasserratte, der von sich aus ins Wasser geht und seine Fake-Ente mit En-thusiasmus aus dem Wasser holt. Am Meer hat er erst mal die Wellen und die am Strand liegenden Krebse angebellt. Beim Trekking erwies er sich als sehr wertvoll, weil er bei einem möglichen Biwakplatz anzeigt, ob die Nacht ruhig werden würde (= kein Wild in der Nähe) oder ob wir besser weitersuchen sollten. Baue ich meine Hängematte auf, wartet er erwartungsvoll, bis ich damit fertig bin und er reinhüpfen und schlafen kann! Und in der Hundepension wurde er von Anfang an sehr geschätzt, weil er mit jedem Hund auf seine ruhige, aber souveräne Art klarkommt. Nur zur Treibjagd nehme ich ihn nicht mit. Er hat die Tendenz, in Fuchsbau-ten zu schliefen, und ich möchte ihn nicht auf diese Art verlieren.
Trotz alldem merkten meine Trainerin und ich, dass Ungo mehr braucht. Sie empfahl mir, mich bei den Arten-spürhunden zu melden, um Ungos Stöbertrieb zu befriedigen. Wir schafften im Januar 24 die Aufnahmeprü-fung. Ich habe dort sehr viel über Ungo und mich gelernt. Realisiert, was kleinschrittiges Training tatsächlich bedeutet. Wie immens wichtig meine innere Haltung und meine Körpersprache sind. Ungo wurde aufmerk-samer und gehorsamer. Aber trotz aller Bemühungen war Ungo nie ganz bei der Sache. Warum Gummibälle suchen (das ganze Spürhundtraining basiert darauf), wenn es Mauslöcher und Rehfährten gibt?! Unsere Ausbilderin riet uns nach einigen Monaten, im jagdlichen Bereich zu arbeiten. Und ich fand eine Jägerin im Tösstal, die selbst einen DJT führt und jagdliches Arbeiten für nicht jagdlich geführte Jagdhunde anbietet. Da Ungo und ich keine Anfänger sind, legte sie mit dem Fährtenschuh und einem daran befestigten Rehbein eine 300-Meter-Fährte mit mehreren Knicken. Und Ungo? Senkte die Nase und folgte der Spur, als ob er nie etwas anderes getan hätte. Er zeigte genau jene Konzentration und jenen Fokus, den wir beim Artenspür-hunde-Training vermisst und trotz aller Bemühungen nie erreicht hatten. Als wir nach diesem ersten Jagdtraining hach Hause kamen, stürmte Ungo nicht wie sonst zum Futternapf. Nein, er kam zu mir, kroch beinahe in mich rein und wollte ausgiebig schmusen. Er hat Danke gesagt! Ich bekam Gänsehaut…
Ich freue mich sehr auf das, was wir ab sofort in unserer Jagd-Ausbildung zusammen lernen und erleben werden. Was man durch seinen Hund alles lernt, wenn man sich auf ihn einlässt…. Ich werde Euch allen von hilfdemtier.ch immer dankbar sein dass Ihr bei der Vermittlung so genau hingeschaut und mir diesen wun-derbaren Hund vermittelt habt. Er ist für mich eine Art Lichtstrahl geworden, er ist für mich viel mehr als einfach ein Hund.
Dorothea Burkhard
